Das Dissertationsprojekt erforscht erstmals die Geschichte des Frauenkunstturnens in der Schweiz aus einer geschlechter- und körperhistorischen Perspektive in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Dabei wird Doing Sport als Doing Gender verstanden, die richtungsgebende Prämisse versteht Sport als Spiegel gesellschaftlicher Ordnung in dem Geschlechterarrangements und -normen sichtbar und deshalb erforschbar werden. Sport spiegelt jedoch nicht nur die gesellschaftliche Ordnung, sondern ist auch selbst als Ort der (Re)Produktion von Geschlecht und vergeschlechtlichten Körpern zu verstehen.
Der Schweizerische Frauenturnverband SFTV wurde 1908 gegründet und nahm im Jahr 1949 zum ersten Mal an einem internationalen Turnevent teil. Fortan suchte SFTV zwar den internationalen Austausch, grenzte sich aber auch vom internationalen Sportgeschehen ab. Bis 1985 blieb der Verband der Frauen eigenständig, bevor er mit dem Eidgenössischen Turnverband (nur Männer) fusionierte. Der Untersuchungszeitraum zeichnet sich neben der internationalen Dimension und der geschlechtergetrennten Verbände und der kritischen Auseinandersetzung mit Frauensport auch durch vielfältige Einflüsse auf das Sportgeschehen aus. Dazu gehören: Kalter Krieg, technologischer Fortschritt, die Neue Frauenbewegung, das Frauenstimmrecht, das neue Schweizer Sportförderungsgesetz 1972 sowie das Aufkommen und die Popularisierung von sportlichen Grossanlässen.
Basierend auf theoretischen und methodischen Überlegungen zur Performanzforschung ist das Forschungsprojekt an der Schnittstelle von Geschlechtergeschichte, Körpergeschichte, Sport- und Kulturgeschichte angesiedelt.