Im Zentrum des Editions- und Forschungsprojekts steht der Berner Arzt, Botaniker, Dichter und Magistrat Albrecht von Haller (1708-1777). Im Projektzeitraum von sechs Jahren ist zum einen die Gesamtedition der Rezensionen Hallers (darunter mehr als 9'000 im führenden deutschsprachigen Rezensionsorgan Göttingische Gelehrte Anzeigen) als eines zentralen, aber noch weitgehend unbekannten Teils seines Œuvres geplant. Zum anderen soll eine begründete Auswahl von inhaltlich damit zusammenhängenden rund 8'000 Briefen ediert werden, als Zwischenetappe zur längerfristig angestrebten Gesamtedition von Hallers Korrespondenz, die insgesamt rund 17'000 Briefe umfasst.
Die digitale Edition erfolgt auf der Editions- und Forschungsplattform hallerNet, die gemeinsam mit dem Cologne Center for eHumanities (CCeH) erstellt wurde und Ende April 2019 online gehen wird. In einem grossen, von der Burgergemeinde und der Universität Bern finanzierten Umbauprojekt (haller online), konnten in hallerNet umfangreiche Metadaten integriert werden, die in mehreren SNF-Projekten seit Anfang der 1990er-Jahre in einer relationalen Verbunddatenbank erhoben worden waren. Die untereinander vielfältig verknüpften Daten zu rund 48'000 Publikationen, 25'000 Akteuren, 20'000 Briefen, 3'000 Orten, 2'900 Pflanzenarten, 1'000 Versammlungen und 850 Institutionen stehen der Edition in einer TEI-konformen XML-Datenstruktur zur Verfügung. Damit lassen sie sich als referenzierte Entitäten mit den edierten Textinhalten verbinden, sowohl auf der Ebene der privaten Kommunikation (Briefe) als auch auf der des öffentlichen Diskurses (Rezensionen). In der systematischen Verknüpfung der beiden komplementären Kommunikationsebenen liegt eine der Hauptinnovationen des Editionsprojekts.
Das Projekt zielt nicht nur auf Hallers singuläre Bedeutung, sondern ebenso auf seine paradigmatische Gestalt, die sich dank ihrer vielfältigen Aktivitäten und aufgrund des grossen Korpus an überliefertem Material hervorragend dazu eignet, zentrale Themen, Praktiken und Dynamiken in der Gelehrten- und Aufklärungswelt des 18. Jahrhunderts zu analysieren. Dadurch wird ein Quellenkorpus greifbar, das vor allem für die aktuell prosperierenden Forschungsfelder rund um Praktiken des Wissens, Gelehrten-Netzwerke, die Herausbildung wissenschaftlicher Disziplinen in der entstehenden Scientific community sowie die Transfer- und Verflechtungsgeschichte im 18. Jahrhundert anregend ist. Weiter werden Aspekte der Entwicklung von Gattungen und Textsorten sowie der Verbindung von gelehrter und literarischer Kommunikations- und Publikationsformen sichtbar.