Nur ein Durchgangsland: Akademische Flüchtlingshilfe und internationale Organisationen (Teilprojekt 3)

NN

Der Völkerbund war sich bereits früh bewusst, dass akademische Flüchtlinge als eine separate Subkategorie der allgemeinen Flüchtlingspolitik zu behandeln sind. Im Mai 1934 ernannte der Commissioner for Refugees Coming from Germany des Völkerbundes, James McDonald, ein Expert Committee for Academic and Kindred Refugees from Germany, das sich vornehmlich mit den Problematiken dieser Flüchtlingsgruppe zu befassen hatte. Zu diesem Zeitpunkt existierten bereits über zehn Organisationen, die sich den akademischen Flüchtlingen annahmen. Teilprojekt III stellt sich Frage nach der Rolle des Standorts Schweiz im transnationalen Netzwerk der akademischen Flüchtlingshilfe. Der Status der Schweiz als neutraler Staat machte das Land zu einem beliebten Emigrations- und Fluchtziel und gleichzeitig zum Sitz zahlreicher internationaler Organisationen. Der Völkerbund hatte seinen Hauptsitz in Genf und machte die Stadt dadurch zum Zentrum zahlreicher internationaler Organisationen. Während der NS-Zeit war die Stadt eines der wichtigen internationalen Zentren in Europa: Neben humanitären Organisationen hatten auch akademische und jüdische ihren Sitz in der Genf eingerichtet. Es erstaunt daher nicht, dass sich viele Exilanten vorübergehend dort niederliessen, bevor sie entweder freiwillig oder erzwungenermassen die Schweiz verliessen.

Das Ziel von Subprojekt III ist es, erstens die Rolle der Schweiz und der Stadt Genf im Netzwerk der internationalen und transnationalen akademischen Emigrations- und Fluchthilfe aufzuarbeiten. Vor dem Hintergrund der rigiden Abschottungspolitik im Kontext der geistigen Landesverteidigung, der erklärten Neutralität und nach dem Selbstverständnis der «humanitären Tradition» muss nach der lokalen Integration der internationalen Organisationen und den politischen Handlungsspielräumen dieser Organisationen gefragt werden. Zweitens soll das transnationale Netzwerk (oder die Netzwerke) der internationalen akademischen Fluchthilfe in den Blick genommen werden. Die Verbindungen der Mitglieder spielen dabei eine ebenso zentrale Rolle, wie die Ziele und Politik der Organisationen. Es geht dabei zu sehen, inwiefern persönliche Beziehungen und sozialer Status Einfluss auf die Fluchthilfe hatten. Dies scheint gerade im Hinblick der strengen Hierarchien im akademischen Feld relevant. Dabei löst sich das Projekt von Vorstellungen moralisch motivierter und aktiven Helfern und passiv bleibender Verfolger.